Die Normalität des Hörens. Charakterisierung einer Hörendenkultur aus der Perspektive von Gehörlosen und Hörenden
Dissertation - Fakultät 2 - Kultur- und Naturwissenschaften - Institut für Kunst, Musik und Sport
Status:aktuell laufendes Vorhaben
Kurzinhalt:Wir leben in einer hörenden Welt, innerhalb eines hörenden Normen- und Wertesystems (vgl. Ugarte Chacón 2015: 60). Hörend-sein ist normal. Aber diese Normalität als Normalität mit Hegemonialanspruch zu begreifen ist eine Anstrengung, die es sich lohnt unternommen zu werden, um aufmerksam zu machen, dass diese Normalität der Mehrheitsgesellschaft für andere eine Barriere bzw. Repression darstellt. Für Gehörlose ist Hören nicht normal, und um der Repression durch ein Abhängigkeitsverhältnis zu einer hörenden Hegemonialgesellschaft zu entgehen, begründen Gehörlose ihre Kultur, die Gehörlosenkultur, der sie den Begriff der ‚Hörendenkultur‘ gegenüberstellen, ohne ihn jedoch zu konkretisieren. Kein Hörender identifiziert sich als hörend. Eine Hörendenkultur ist bislang nicht determiniert.

Die Dringlichkeit Normalität ins Zentrum des Interesses zu rücken, anstatt Behinderung in jegliche Diskursrichtung zu thematisieren und dabei Normalität als statische Konstante zu behandeln, hat sich verstetigt. Die Strömungen von Seiten der Disability Studies und der Sonderpädagogik/Teilhabewissenschaften konstatieren eine gegebene Verstrickung mit den Cultural Studies (vgl. Waldschmidt 2005; 2006), indem Kulturelle Bildung mehrheitlich als Kunstvermittlung inklusiver ästhetischer Praktiken ausgelegt wird. Die Cultural Studies selbst weisen die Diskurse der Disability Studies kaum bis nicht in ihrem Portfolio auf. Es kann somit weder von einer gegenseitigen Kenntnisnahme, noch von einer Verstrickung ausgegangen werden. Das vorliegende Dissertationsprojekt kann und soll als ein Angebot der Cultural Studies fungieren einen Paradigmenwechsel hin zu einer wirklichen Verstrickung der Cultural Studies und der Disability Studies einzuleiten.

Das Forschungsvorhaben untersucht eine Kulturalität von Hörenden, die die gesellschaftlichen Verhältnisse konstituieren und die auf diese zurückwirken. Angesichts der Kulturalitätsbeschreibung des Nicht-Hörens (Gehörlosigkeit) in der Benennung der Gehörlosenkultur soll kontrastierend erforscht werden, wie Hören kulturell zu charakterisieren ist und welche Bedeutung diese Charakterisierung für die Normativsetzung von Hören als Normalität hat. Die Kontrastierung greift die gesellschaftlichen und keinesfalls wertfreien (weil konsequenzbehafteten) Dichotomien auf: Hören/Nicht-Hören, nichtbehindert/behindert, barrierefrei/nicht barrierefrei, normal/unnormal, integrativ/nichtintegrativ, sowie normativ-holistisch/differenziert kulturell charakterisierend. Dazu werden Gehörlose und Hörende zu ihrer jeweiligen Fremd- und Eigenwahrnehmung in ihrer Lebenswelt (Bildung, Kunst, Politik) über Wahrnehmungsmodi des Hörens befragt sowie teilnehmend beobachtet, um latente Sinnzusammenhänge über das Verständnis von Normalität bspw. in Kunst und Alltag erschließen zu können. Das Methodendesign entspricht den Prinzipien qualitativer Sozialforschung (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr 2009). Angestrebt wird über Einzelfallanalysen die Rekonstruktion allgemeiner Bedeutungsmuster des hörenden kulturellen Körpers. Ich beziehe mich in meiner Forschung auf den deutschen Sprachraum (Deutschland).
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Projektdauer:26.04.2022 bis 26.04.2025
Projektbeteiligte:

Caroline-Sophie Pilling (Doktorandin)
Prof. Dr. Thomas Wilke (Erstbetreuung)

Verweis auf Webseiten:
Projekthomepage
keine
Angehängte Dateien:
keine
Erfasst von Caroline-Sophie Pilling am 28.09.2022
Zuletzt geändert von Caroline-Sophie Pilling am 21.06.2023
kostenstelle: 152 321
    
Projekt-ID:514